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 Pergamon aus archäologischer Sicht

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Taranis




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Pergamon aus archäologischer Sicht Empty
BeitragThema: Pergamon aus archäologischer Sicht   Pergamon aus archäologischer Sicht EmptyMi 23 Okt 2013, 00:12

P-handaan - So März 04, 2007 18:03

Während die Grabung 1878 mit dem Ziel begonnen wurde, die damals neu bekannt gewordenen Reliefs des »Pergamon-Altars« zu bergen, steht schon seit über 100 Jahren die Erforschung des gesamten antiken Stadtorganismus im Vordergrund. In diesem Rahmen widmet sich das 2005 begonnene Forschungsprogramm der hellenistischen Polis und ihrer Vorstadt. Unter Anwendung neuer Fragestellungen und Methoden stehen die Datierung von Schlüsselmonumenten der großen hellenistischen Stadterweiterung, die dem pergamenischen Herrscher Eumenes II. (197-159 v. Chr.) zugeschrieben wird, und die Rekonstruktion des Straßenrasters im Mittelpunkt unserer Aktivitäten. Ein weiterer Schwerpunkt des neuen Programms ist die Erforschung der antiken Besiedlungsstruktur und einzelner ausgewählter Poleis in der Landschaft von Pergamon. Denn antike Städte waren nie autarke Funktionseinheiten, sondern gingen immer eine wirtschaftliche, militärische und kulturelle Synthese mit ihrem Umland ein. Die Beziehungen zwischen der Metropole Pergamon und den benachbarten Poleis sollen exemplarisch anhand einer Hafen- und zweier Landstädte beleuchtet werden.

Zu den Zielen eines traditionellen Großprojektes wie der Pergamongrabung zählen immer auch die kontinuierliche Aufarbeitung von Altgrabungen und die Neubearbeitung einzelner Denkmäler und Fundkomplexe. Dem neuen Forschungsprogramm entsprechend bilden Anlagen und Befunde der hellenistischen Zeit den aktuellen Arbeitsschwerpunkt. Daneben finden aber auch Untersuchungen zur prähistorischen, römischen und byzantinischen Epoche statt.

Ein zentrales Anliegen der Pergamongrabung ist schließlich der Schutz und die Präsentation wichtiger Bauten. Derzeit bemühen wir uns besonders um eine Verbesserung der Situation im Bereich der Unterstadt des antiken Pergamon, die das Bindeglied zwischen Burgberg und historischer Altstadt darstellt und insofern für die Belange eines anspruchsvollen Kulturtourismus von besonderem Interesse ist.


Bisherige Arbeiten


Pergamon-Ausgräber der ersten Generation


Innenansicht Bau Z
Die Reste des antiken Pergamon sind seit dem 15. Jh. in zahlreichen Reiseberichten beschrieben worden (Cyriacus von Ancona), die seit dem frühen 19. Jh. eine dezidiert wissenschaftliche Zielsetzung verfolgten (Marie-Gabriel Choiseul-Gouffier). Der Beginn systematischer Ausgrabungen in Pergamon liegt nunmehr fast 130 Jahre zurück: 1878 begann der deutsche Ingenieur Carl Humann im Auftrag der Königlich Museen zu Berlin mit der Freilegung der Friesplatten des Zeusaltars, die mit Genehmigung des Osmanischen Reiches nach Berlin verbracht wurden. Die Leitung der Unternehmung lag bei dem Archäologen Alexander Conze, der trotz sensationeller Skulpturenfunde schon in den ersten Jahren der Pergamongrabung auf eine möglichst vollständige Freilegung und Erforschung des gesamten Stadtkörpers hinwirkte. Diese Arbeiten setzte von 1900 bis 1911 der Architekt und Bauforscher Wilhelm Dörpfeld als Direktor der Abteilung Athen des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) fort, an das die Pergamongrabung mittlerweile übergegangen war. Unter seiner Leitung erfolgte die Freilegung u.a. des südlichen Stadttores, der Unteren Agora, des Attalos-Hauses, des Gymnasions und des Demeter-Heiligtums. Nach mehrjähriger Unterbrechung wurden die Arbeiten 1927 unter Theodor Wiegand, der ab 1932 zugleich das Amt des Präsidenten des DAI bekleidete, wiederaufgenommen. Unter seiner Leitung wurde vor allem auf der Oberburg, im Asklepieion und an der Roten Halle gearbeitet. Die kriegsbedingte Unterbrechung der Pergamongrabung dauerte bis 1957, als unter dem Klassischen Archäologen und Präsidenten des DAI Erich Boehringer die Grabungsarbeiten mit großer Energie und logistischem Aufwand in eine neue Phase eintraten, die bis 1968 dauerte. Boehringers Aufmerksamkeit galt vor allem dem Asklepieion und der leider erfolglosen Suche nach dem Heiligtum der Athena-Nikephoros, die jedoch wichtige neue Erkenntnisse zur Vorstadt Pergamons erbracht hat. Daneben bemühte sich Boehringer um die Erforschung des Umlandes, u.a. durch einen Survey zur Feststellung prähistorischer Fundplätze. Nach kurzer Pause wurde die Pergamongrabung 1971 an Wolfgang Radt übergeben, der die Unternehmung bis 2005 leitete. Ausgehend von neuen siedlungsarchäologischen und sozialhistorischen Fragestellungen widmeten sich Radt und seine Mitarbeiter vor allem der Erforschung der Wohnstadt Pergamons, die in der Freilegung eines reich ausgestatteten hellenistisch-römischen Gebäudekomplexes (Bau Z) gipfelte. Im Umland der Metropole wurden ein ländliches Heiligtum und die Wasserleitungen Pergamons untersucht. Von 2002-2005 war die Rote Halle, ein kaiserzeitliches Heiligtum in der Altstadt von Bergama, Gegenstand neuer archäologischer und baugeschichtlicher Forschungen (Leitung A. Hoffmann). Unter Wolfgang Radt wurden auch zahlreiche denkmalpflegerische Projekte durchgeführt, darunter die Teilrekonstruktion des Trajaneums und die Errichtung eines Schutzgebäudes über Bau Z (Eröffnung 2004).

Das Projekt ist eine Ausgrabung der Zentraldirektion des Deutschen Archäologischen Instituts und wird von der Abteilung Istanbul des DAI betreut.


Aktuelle Arbeiten


Pergamon: Stratigraphische Sondage am hellenistischen Südtor


Elaia: Geophysikalische Prospektion in der Hafenzone
Dank langjähriger archäologischer Forschungen ist das antike Pergamon in seinen städtebaulichen Grundzügen, einzelnen Stadtquartieren und öffentlichen Monumenten gut bekannt. Große Wissenslücken bestehen hingegen immer noch auf dem Gebiet des städtischen Gesamtorganismus, d.h. der Gliederung der Stadt durch Straßenraster und Gebäudeensembles, ihrer Besiedlungsdichte und ihrer Abgrenzung bzw. Öffnung zum Umland. Diesem dringenden Desiderat begegnet das neue Forschungsprogramm der Pergamongrabung, das wir seit 2005 durchführen. In einem kombinierten Verfahren aus Vermessung, Survey (Geländebegehung), geophysikalischen Prospektionen und Grabungsschnitten werden Gliederung und Bebauungsstruktur des noch unausgegrabenen Stadtgebietes erfaßt und chronologisch eingeordnet. Unter Verwendung von altem Planmaterial und neuen Meßdaten entsteht erstmals eine digitale archäologische Karte Pergamons im Maßstab 1:1000, die als Oberfläche des zentralen Geoinformationssystems dienen soll, in dem schon jetzt sämtliche Daten aus Ausgrabung, Survey und Fundbearbeitung zusammenlaufen. Schlüsselmonumente der großen hellenistischen Stadterweiterung werden mit Hilfe stratigraphischer Sondagen zeitlich eingeordnet und auf etwaige Vorgängerbebauung hin untersucht. Darüber hinaus finden im Rahmen eigenständiger Teilprojekte archäologische und architekturgeschichtliche Untersuchungen im Gymnasion (R. von den Hoff; V. Stappmanns), im Palastbezirk (T. Zimmer) und an den Stadtbefestigungen (J. Haberkorn) statt.

Die Arbeiten im Umland von Pergamon konzentrieren sich derzeit auf das westliche Tal des Kaikos/Bakır Çay mit dem antiken Atarneus in der Chora des hellenistischen Pergamon (M. Zimmermann; A. Matthaei; A. Grüner) sowie auf Elaia, den Haupthafen Pergamons (F. Pirson; U. Mania). Ziel des Survey im Tal des Kaikos ist die Erforschung der ländlichen Siedlungsstruktur im Umfeld Pergamons in hellenistischer Zeit. In repräsentativ ausgewählten Regionen soll die Verteilung von Zentralorten, Dörfern und Gehöften untersucht werden. Dabei kommt eine kombinierte Methode aus Luftbildphotogrammetrie, Geodäsie, verformungsgerechter Bauaufnahme und Keramiksurvey zum Einsatz. Die so gewonnenen Daten fließen in das Geoinformationssystem der Pergamongrabung ein. In Elaia arbeiten wir darüber hinaus auch mit geophysikalischen Methoden, mit deren Hilfe das ca. 46 ha große Stadtgebiet und sein Umfeld vermessen und prospektiert wird. Die so gewonnenen Daten sollen grundlegende Informationen für die Beurteilung des Verhältnisses zwischen Elaia und Pergamon liefern, das offenbar in starkem Maße von den Interessen Pergamons an einem militärischen Stützpunkt und Hafen in der nördlichen Äolis bestimmt war. Insofern ist die Erforschung der Hafenanlagen in Elaia von besonderem Interesse.

Die Aufarbeitung von Altgrabungen und die Vorlage von Materialgattungen konzentrieren sich derzeit auf folgende Bereiche:
- Bau Z (M. Bachmann, S. Japp, K. Müller, F. Pirson, W. Radt)
- Badeanlage Stadtgrabung (S. Japp)
- Ausgrabungen auf dem Musalla Mezarlığı (A. Wirsching)
- Byzantinische Gräberfelder (T. Otten; M. Schultz)
- Glas (H. Schwarzer)
- Kleinfunde (T. Otten; A. Pirson)
- Hellenistische Lampen (W. Radt)
- Römische Reliefkeramik (S. Japp)
- Amphoren (V. Nörskov)
- Küchenkeramik (U. Outschar)
- Inschriften (H. Müller)
- Prähistorische Altfunde Umland (B. Horejs)

Ein Projekt zur Konservierung und Musealisierung des südlichen Rundturms der Roten Halle wird von der Studiosus Foundation finanziert. Weitere Konservierungsarbeiten im Bereich der Stadtgrabung (römische Badeanlage) und des Asklepieions.


Methoden
- Stratigraphische Sondagen und Flächengrabung
- Extensiver und intensiver Survey
- verformungsgerechte Bauaufnahme und Photogrammetrie
- Dokumentation und Auswertung im Rahmen einer Web-basierten Datenbank mit GIS-Anbindung
- Geodäsie unter Anwendung von GPS-Technologie, Luftbildphotogrammetrie und Geokodierung von Altplänen
- Geophysik (Magnetik, Radar, Elektrik)
- Archäometrische Untersuchung antiker Keramik


Ergebnisse


Pergamon: Neue Rekonstruktion des Straßenrasters am Südostabhang (Stand 2006)


Pergamon: Inventar des frühbyzantinischen Grabes


Elaia: GPS-Messungen im Flachwasserbereich
Die in 2005 und 2006 am bisher unerforschten Südostabhang des Burgberges durchgeführten Arbeiten haben ein völlig neues Bild vom Straßenraster der großen hellenistischen Stadterweiterung erbracht. Im Vergleich zur bisherigen hypothetischen Rekonstruktion der Straßenführung (siehe zweite Abb. von oben), die von einem streng orthogonalen System ausgeht, deutet nun alles auf einen fächerförmigen Aufbau hin, der sich stärker an der Beschaffenheit des Geländes ausrichtet. Weiterhin fällt auf, daß sich die Straßenführung nicht an den Stadttoren, sondern eher an den Gebäudecken und Eingängen des Gymnasions orientiert. Die Lage der bei Oberflächenbegehungen und durch geophysikalische Prospektionen festgestellten Straßen konnte durch Sondagen bestätigt werden. Dabei hat sich zudem gezeigt, daß die hangaufwärts orientierten Straßen Breiten von bis zu vier Metern erreichen. Im Vergleich zur `Altstadt´ zwischen Oberer Agora und Gymnasion stehen diese Dimensionen für einen gesteigerten städtebaulichen und verkehrstechnischen Anspruch in der hellenistischen Unterstadt.

Die stratigraphischen Sondagen zur Datierung von Schlüsselmonumenten der hellenistischen Stadterweiterung konzentrierten sich in 2005 und 2006 auf das Gymnasion und die so genannte Eumenische Stadtbefestigung. Das Fundmaterial aus der Gründungsphase der oberen Terrasse des Gymnasion läßt sich bisher nur allgemein in das 2. Jh. v. Chr. einordnen, womit die Zuschreibung der Anlage an Eumenes II. (197-159) weder bestätigt noch falsifiziert wird. Immerhin haben die Grabungsschnitte auf der oberen Gymnasions-Terrasse ergeben, daß das Gebiet der römischen Ostthermen in hellenistischer Zeit offenbar außerhalb des Gymnasion-Komplexes lag, was für das Verständnis des Gründungsbaus und seiner urbanistischen Einbindung von großer Bedeutung ist.

Im Rahmen des Projektes zur Erforschung der visuellen und funktionalen Gestaltung des hellenistischen Gymnasion konnte anhand verschiedener Grabungsbefunde gezeigt werden, daß die Anlage in vorrömischer Zeit äußerst schlicht ausgestattet war (weitere Informationen).

Grabungsschnitte am Südtor und an weiteren Abschnitten der hellenistischen Stadtbefestigung haben stratifizierte Befunde erbracht, anhand derer die Anlage mit einiger Sicherheit der ersten Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. zugewiesen werden kann. Damit ist die Zuschreibung der Stadtmauer an Eumenes II., die bisher nur anhand vager Äußerungen in den Schriftquellen vorgenommen wurde und zuletzt wieder in Zweifel gezogen worden ist, nun auch durch archäologische Daten gestützt.

Ein Überraschungsfund von erheblicher historischer Relevanz gelang bei der Untersuchung antiker Straßen am noch unausgegrabenen Südosthang des Burgberges: Erstmals konnte in Pergamon ein byzantinisches Grab des 7. Jhs. mit Schmuck, Trachtbestandteilen und Waffenbeigaben geborgen werden. Den Toten hatte man wenig pietätvoll im Abwasserkanal einer älteren Straße beigesetzt.

In Elaia konnten im Bereich der modernen Küstenlinie durch geophysikalische Messungen ausgedehnte Molen, Kaianlagen und Gebäudestrukturen nachgewiesen werden, die unsere Erwartungen an die Größe des Hafens weit übertroffen haben. Die Annahme ausgedehnter Hafenanlagen wird durch GPS-Messungen im Flachwasser weiter gestützt. Mächtige Befestigungsanlagen und der Fund von Geschoßkugeln unterstreichen die militärische Bedeutung der Anlage. Geophysikalische Messungen in anderen Bereichen des Stadtgebietes konnten Abschnitte der Stadtmauer orten und zeigen damit das Potential für eine Prospektion des gesamten Stadtgebietes auf.

Der archäologische Survey hat Keramikfunde archaischer bis byzantinischer Zeit erbracht. Damit steht nun fest, daß wir mit älterer Besiedlung vor der ersten schriftlichen Erwähnung Elaias im 5. Jh. v. Chr. rechnen müssen. Die Oberflächenuntersuchung läßt zudem signifikante Konzentrationen von Fundmaterial erkennen, die auf funktional oder siedlungshistorisch bedingte Differenzen innerhalb des Stadtgebietes schließen lassen. Einzelne Bauglieder weisen deutliche Parallelen zu Stücken aus Pergamon auf und sprechen damit für den Einfluß der Metropole auf den Hafenort Elaia, der allem Anschein nach in hellenistsicher Zeit zu einem maritimen Satelliten der Residenzstadt ausgebaut wurde Ausführlicher Bericht.

Der Survey in Atarneus und im westlichen Tal des Kaikos hat im Rahmen einer vierzehntägigen Vorkampagne im Sommer 2006 erste vielversprechende Ergebnisse erbracht. So zeigt sich in Atarneus, wie eine prosperierende spätklassisch-frühhellenistische Stadtanlage unter dem Einfluß der erstarkenden Metropole Pergamon ab hochhellenistischer Zeit spürbar an Bedeutung verlor. Im Vergleich zu Elaia beobachten wir in Atarneus also die gegensätzliche Entwicklung, die ältere Poleis im Umfeld neuer hellenistischer Zentren durchlaufen konnten. Bei der Begehung mehrer Siedlungsplätze, die bereits im späten 19. Jh. von C. Schuchhardt, A. Conze und W. Dörpfeld aufgesucht und beschrieben worden waren, konnten bisher noch nicht dokumentierte Gebäudereste erfaßt werden. Darüber hinaus wurden drei noch nicht erfaßte Siedlungsplätze entdeckt, darunter eine festungsartige Anlage hellenistischer Zeit.
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