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  Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios

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BeitragThema: Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios    Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios EmptyDi 22 Okt 2013, 03:42

Eine legendäre Gestalt der pergamenischen Philosophiegeschichte ist der Kyniker Apuleios. Seine genauen Lebensdaten sind unbekannt, aber die meisten Berichte über ihn lassen darauf schließen, dass er um die Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. in Pergamon lebte und wirkte. Die zahllosen Legenden um ihn ranken sich vor allem um zwei Dinge: um seine völlige Respektlosigkeit gegenüber den politischen und militärischen Autoritäten Pergamons – und um seine ostentativ zur Schau getragene sexuelle Freizügigkeit.

Wie von dem Diogenes, so ist auch von Apuleios sicher überliefert, dass er häufiger in der Öffentlichkeit masturbierte, um die moralischen Vorurteile seiner Bürger zu entlarven. Einmal soll Apuleios sogar mit einer stadtbekannten Hetäre und mit der Ehefrau eines hochgestellten Rates auf den Stufen des Bouleuterions den Geschlechtsakt zu dritt vollzogen haben. Anders als man meinen sollte, führte dies aber nicht zur Ächtung des Denkers und der käuflichen Frau, sondern zur Verbannung des – zudem als korrupt bekannten – Politikers und seiner Familie. Jahrzehntelang schlugen sich die Bürger Pergamons ob dieser beliebten Anekdote auf die Schenkel.

Ein anderes Mal soll Apuleios den Zorn der Oberen auf sich gezogen haben, als er die im ganzen Land weit verbreitete Praxis nächtlicher Überfälle auf kleine, wehrlose Dörfer öffentlich anprangerte. Dies tat er allerdings nicht, um die geschundenen freien Bauern zu verteidigen, von denen er selbst allem Anschein nach eine niedrige Meinung hegte, sondern lediglich, um die Bürger seiner Stadt bloßzustellen, die ihren Wohlstand zu großen Teilen diesen an sich illegalen Raubzügen verdankten. Dies eben erboste die Führung Pergamons: dass der Philosoph nur ausgesprochen hatte, was alle wussten, alle taten, aber niemand offen eingestehen wollte. Und so ist denn bis heute der Spott über alle Arten von Doppelmoral die Lieblingsbeschäftigung selbst ernannter kritischer Geister geblieben.

Wie alle Kyniker, vorweg der bekannteste unter ihnen, Diogenes von Sinope, hinterließ auch Apuleios keinerlei Schriften. Allerdings wurden über die Jahrhunderte zahllose Aussprüche von ihm überliefert. Das Philosophische Seminar der Academia Pergamonensis hat diesen Überlieferungsschatz gesammelt, gesichtet – und vor allem kritisch bewertet. Dank dieser akribischen Forschungen werden hier ausschließlich authentische Spruchweisheiten des Meisters versammelt.
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BeitragThema: Re: Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios    Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios EmptyDi 22 Okt 2013, 03:43

Sprüche des Apuleios

Die Republik des Geistes vereint Männer und Frauen aller Stände. Das Reich der Idioten selbstredend auch.

Die beste Lösung für ein Problem wird der finden, der zuvor möglichst viele Irrtümer begeht.

Wer vorgibt Geheimnisse zu hüten, ist meist nur ein kastrierter Schwätzer.

Besser wäre es, die Moralprediger würden den Wein, die Völlerei und die Ausschweifung öffentlich preisen – und sich dafür im stillen etwas Zucht auferlegen.

Täten die Menschen alles um der Lust willen, wären ihre Vergnügungen kaum so niedrig, wie sie es doch meist sind.

Wenn ein Krieger sich auf der Agora am Sack kratzt, erregen sich die tugendhaften Bürger. Wenn er dann aber die Weiber unserer Feinde schändet, preisen sie seinen Heldenmut.

Dass der Mensch von Grunde auf schlecht sei, ist eine beliebte Lehre. Vorgebracht wird sie allerdings fast immer von den niederträchtigsten Exemplaren der Gattung.

Groß sind die göttlichen Geheimnisse! Und doch sind viele unserer Priester elende Hohlköpfe, denen es im Leben noch nicht einmal vergönnt war, Gespenster zu sehen.*


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* Einige Germanisten vertreten die Auffassung, dass der berühmte Satz des Romantikers Novalis: Wo keine Götter sind, walten Gespenster aus seinem Prosatext über Die Christenheit oder Europa auf den zitierten Spruch des Apuleios anspielt.
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BeitragThema: Re: Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios    Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios EmptyDi 22 Okt 2013, 03:44

Neue Sprüche des Apuleios

Wer Schätze in seine Scheune tut, der glaubt, das Glück hienieden ruhe auf den Dingen. Wer sie in eine prächtige Grabkammer stopft, hegt dagegen den Wahn, dorten sei es ebenso bestellt, allein auf ewig. Also sind die Bürger nur stumpfsinnige Dummköpfe, die Fürsten aber vom Irrsinn befallen.

Man hüte sich vor denen, die als besonders tugendhaft gelten. Sie begehen ihre Schändlichkeiten meist im Verborgenen.

Wohl mag der Ziegenhirt von schlichtem Verstand sein. Doch täuscht er die anderen zum mindesten nicht über seine dahinter verborgenen Absichten.

Wer seine Besitztümer mehrt, der mehrt nicht nur die Zahl seiner Sorgen und seiner Feinde, sondern auch die Menge seiner Narrheiten.

Wer den Mythos hört, lässt sich von den Toten beschwatzen. Wer zu den Menschen auf der Agora redet, glaubt Geist und Gemüt der Lebenden bewegen zu können. Und wer Papyrus vollkritzelt, sucht die Ungeborenen zu beschwören. So äfft der eine den Hades, der zweite den Anaximander, letzterer gar den Hermes Trismegistos nach. Narren sind sie wohl alle – hegt der erste doch gar keine Hoffnung, der zweite eine vergebliche, der dritte dagegen eine unendliche.

Es ist besser, die Schweine des Nachbarn zu hüten als seine Meinungen anzunehmen.

Der Kosmos ist in fortwährender Unordnung.

Niemand besitzt wahrlich das Gold, erhebt doch ein jeder zu jeder Zeit Forderungen gegen einen Anderen.

Der Hase ist in vielem ein Bote des [ ... unleserlich ... ]


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* Von Anaximander ist zuverlässig nur ein einziger berühmter Satz überliefert. Dieser allerdings ist von so rätselhafter Tiefe, dass er viele berühmte Philosophen, etwa Friedrich Nietzsche oder Theodor W. Adorno, fasziniert und inspiriert hat. Nach der gängigen Ausgabe der vorsokratischen Fragmente von Diels/Kranz lautet er: „Anfang und Ursprung der seienden Dinge ist das grenzenlos Unbestimmbare. Woraus aber das Werden ist den seienden Dingen, in das hinein geschieht auch ihr Vergehen nach der Schuldigkeit; denn sie zahlen einander gerechte Strafe und Buße für ihre Ungerechtigkeit nach der Ordnung der Zeit.“
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BeitragThema: Re: Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios    Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios EmptyDi 22 Okt 2013, 03:45

Ein Fragment des Apuleios

Wer im Lande seiner Väter lebt vom Tage der Geburt bis zu jenem, an welchem er seinen Obolos dem Charon entrichtet, der wird noch vor dem Mannesalter für dessen Vorzüge blind werden. Wer in die Fremde zieht, warum es auch sei, der wird die Liebe zu ihm in seinem Herzen verschließen müssen, so er nicht für Kummers sterben will. Wer aber, durch die Welt irrend auf der Suche nach dem Verlorenen, die Grenzen seiner alten Gaue streift und sie verwüstet findet, der wird sich auf ewig verfluchen, dass er der Heimat entsagt in der Stunde der Not.
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BeitragThema: Re: Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios    Acta Philosophica: Die Sprüche des Apuleios EmptyDi 22 Okt 2013, 03:45

Ein kürzlich entdecktes Fragment des Apuleios

Gesetzt, es wäre wahr, was uns über das Leben im Jenseits erzählt wird: dass es dort ein Reich der Erlösten gäbe und ein Reich der Verdammten, welche ihr Leben gerichtet hat. Himmel und Hölle, Elysium und Hades. Nun stelle Dir vor, Du seiest nicht edel genug, um unter die einen, aber auch nicht übel genug, um unter die anderen gezählt zu werden. Wäre es dann nicht die wahre Verdammnis, weder die einen noch die anderen wollten dich in ihrer Mitte dulden? Nicht dass ein höherer Richter Dir dein Urteil verweigerte – keiner von den Gerichteten selbst wollte Dich bei sich wissen.
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